Wie lief der Saisonstart der Aufsteiger?
Sechs Spieltage sind im deutschen Oberhaus bereits gespielt. Genug, um sich einen Eindruck machen zu können, wie gut die beiden Aufsteiger Arminia Bielefeld und VfB Stuttgart in der Liga angekommen sind. Daher schauen wir mal darauf, was die Teams bis jetzt so ausgemacht hat.
Junge Schwaben zeigen sich hungrig
Der VfB Stuttgart ist in der Bundesliga kein unbekanntes Gesicht. Trotzdem wurde im Schwabenland vor der Saison sehr tief gestapelt. Das Saisonziel ist daher „nur“ der Klassenerhalt. Mit den jungen Wilden plant man vor allem eine beständige Mannschaft für die Zukunft aufzubauen. In Anbetracht der Ziele gelang aber ein sehr erfolgreicher Saisonstart. Nach 6 Spielen befindet man sich zehn Punkten in der oberen Tabellenhälfte und konnte vor allem offensiv mit mit 13 Toren überzeugen.
Der jüngste Kader der Liga präsentierte sich bislang vor allem auswärts sehr stark. In der Fremde sind die Schwaben noch ungeschlagen, dabei gelangen in Mainz (4:1) und in Berlin gegen die Hertha (2:0) eindrucksvolle Siege, dazu kommt ein Unentschieden gegen Schalke (1:1). Zuhause tut sich das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo hingegen noch sehr schwer. Zum Auftakt setzte es eine Niederlage gegen den SC Freiburg (2:3), dazu folgten drei Unentschieden gegen Leverkusen, Köln und Frankfurt.
Das Prunkstück des VfB ist ganz klar die Offensive. Sasa Kalajdzic und Silas Wamangituka sind zwar Rookies, überzeugen aber durch ihre Spielfreude und ihre Furchtlosigkeit. Angeführt wird das Team von Oldie Gonzalo Castro, der mit 33 Jahren seinen zweiten Frühling erlebt und als Kapitän gerade zu aufblüht. Unterstützt durch weitere blutjunge Spieler wie Tanguy Coulibaly (19), Mateo Klimowicz (20) oder Borna Sosa (22), macht der VfB spielerisch ganz schön viel Spaß.
Doch jede Medaille hat seine Kehrseite. Das große Sorgenkind ist die Defensive. Zum einen müssen hier viele Ausfälle kompensiert werden, so fehlten mit Konstantinos Mavropanos und Waldemar Anton zwei wichtige stützen, zum anderen verteidigt der VfB in vielen Situationen auch einfach noch sehr schwach. Hier merkt man die Unerfahrenheit vieler Spieler noch gravierend. Gerade in den ersten drei Spielen, als jeweils in der ersten Viertelstunde ein Gegentreffer viel, wirkte die Defensive wackelig und unsicher. Taktisch setzt Matarazzo auf eine Dreierkette, die vor allem darauf bedacht ist Bälle zu gewinnen und schnell nach vorne zu spielen. Dieser Kniff zeigt gegen hoch pressende Gegner noch viele Schwächen, wie z.B. im Spiel gegen Leverkusen. Trotzdem scheint die Truppe auf dem richtigen Weg zu sein, sollte das Verletzungspech abnehmen und wichtige Spieler kehren langfristig zurück, kann der VfB auf eine gute Saison hoffen, in der man möglicherweise früh den Abstiegskampf verlassen kann.
Vorsicht ist dennoch geboten, schließlich kommen die harten Gegner mit Leipzig, Bayern oder Dortmund erst noch. Trotzdem haben die Auftritte gegen Leverkusen und die Hertha bewiesen, dass man auch vermeintlich stärkeren Kadern Paroli bieten kann. Daher kann die positive Stimmung mit weiteren guten Leistungen noch weiter gesteigert werden. Bei Misserfolgen wird die Mannschaft und vor allem der Sportvorstand um Thomas Hitzlsperger genug Demut aufzeigen, um seit Jahren eine ruhige Umgebung zu schaffen. Gerade nach den letzten beiden Bundesliga-Abstiegen, unzähligen Trainerentlassungen und Uneinigkeiten innerhalb der Vereinsführung, hoffen viele das mit dem Kurs „Junge Wilde 2.0“ ein wenig Kontinuität in das Schwabenland einkehren.
Bielefeld im Abwärtstrend
Ganz im Gegenteil zum Höhenflug der Stuttgarter steht aktuell der Einbruch des zweiten Aufsteigers aus Bielefeld. War nach den ersten zwei Wochen und vier Punkten zum Start noch alles rosig in Ostwestfalen, geht es nun seit dem dritten Spieltag knallhart bergab. Nach der Länderspielpause stehen mit den Partien gegen Leverkusen und Leipzig richtige Kracher auf dem Plan und wenn die Konkurrenz im Keller ein bisschen kontinuierlicher punkten würde, wäre der DSC ganz schnell ganz unten in der Tabelle.
Doch woran liegt die plötzliche Talfahrt der Bielefelder? Zunächst einmal muss auch klar sein, dass der Spielplan dem Aufsteiger wirklich nicht in die Karten gespielt hat. Mit Frankfurt, München, Dortmund, Wolfsburg und ja – vielleicht sogar Union Berlin – spielte der Aufsteiger zum Auftakt gegen viereinhalb Mannschaften, die Ansprüche auf das europäische Geschäft angemeldet haben. Nach den Länderspielen wird es auch nicht einfacher. Aus den wichtigeren Spielen gegen Bremen (0:1) und Köln (1:0) holten die Ostwestfalen immerhin drei Zähler und hätten nach einer starken zweiten Hälfte auch in hohen Norden ein Unentschieden verdient gehabt.
Dennoch macht der DSC aktuell große Sorgen. Spätestens bei der 0:5-Abfuhr in Berlin am vergangenen Wochenende zeigte die Mannschaft eklatante Schwächen. Fehlender Kampfgeist, fehlende Laufbereitschaft und vielleicht auch die fehlende Qualität. Im Aufstiegsjahr spielten die Arminen wie im Rausch, gewannen einige Spiele aber auch sehr knapp. Dieses Glück des Tüchtigen scheint ihnen aktuell arg zu fehlen. Bestes Beispiel war das erste Tor an der Altem Försterei. Im vergangenen Jahr hätte der Unioner ganz sicher einen Schritt im Abseits gestanden, nun eben nicht.
Die größte Schwachstelle ist aktuell die Linksverteidigerposition. Man ließ Florian Hartherz wechseln und hoffte mit Anderson Lucoqui und Jacob Laursen bundesligafähigen Ersatz zu finden. Diese Rechnung geht allerdings bisher nicht auf – drei von fünf Toren bei Union fielen nach Fehlern auf der linken Seite. Das zweite große Problem ist die Offensive.
Wenn man von Ritsu Doan absieht, der völlig zu Recht als Rookie des Monats nominiert wurde, fehlt es an der nötigen Qualität. Fabian Klos hat sich an das Erstliga-Tempo noch nicht gewöhnt, die Alternativen fehlen oder zünden bisher überhaupt nicht. Beim DSC hoffen sie jetzt, dass Andreas Voglsammer, der nach seiner Verletzung langsam wieder im Training ist, Abhilfe schaffen kann. Bleiben die Arminen allerdings auch mit Voglsammer so ungefährlich im Angriff, wird es ganz, ganz eng mit dem Nichtabstieg.
Einige Fans schieben die aktuelle Talfahrt dazu auf das Ausbleiben der Zuschauer. Gerade in den engen Spielen wie gegen Bremen und Wolfsburg hätte der zwölfte Mann wohl sicher auch helfen können. Dennoch war der Aufsteiger im vergangenen Jahr gerade auswärts besonders stark, also dann, wenn die eigenen Fans eher in der Unterzahl sind. Aber vielleicht fehlt den Ostwestfalen aktuell gerade dieser Ansporn. Trotzdem gibt es Hoffnung in der Stadt, die es eigentlich nicht gibt. Denn klar ist: Die richtig wichtigen Spiele stehen erst noch an und gegen den 1. FC Köln hat Bielefeld immerhin gewonnen. Im Dezember spielen die Arminen erst gegen Mainz und Freiburg, danach gegen Augsburg und Schalke. Gibt es in diesen Abstiegsknallern Erfolge zu feiern, sieht es gleich schon wieder besser aus in Ostwestfalen. Mit der Rückkehr von Andreas Voglsammer könnte zudem ein Ruck entstehen, der im Nichtabstiegskampf von großer Bedeutung sein könnte.
Artikel von Nico und Nikita