Keine klare Linie in Sicht
Seit Anfang der Saison 2017/2018 ist der Videoassistent nun schon im Einsatz. Alles sollte besser werden. Phantomtore, unrechte Elfmeter und falsche Abseitsentscheidungen sollten der Vergangenheit angehören, doch bereits am ersten Spieltag brach ein großer Teil des Systems zusammen.
Das Wundermittel gegen einen „ungerechten Fußball“ kämpft schon seit der Einführung mit diversen Kinderkrankheiten. Bereits bei seinem ersten Einsatz am Auftaktspieltag der Saison 2017/2018 kam es zu Störungen beim Einsatz der kalibrierten Abseitslinie und einer unverlässlichen Funkverbindung nach Köln, die eine Beratung des Schiedsrichters bei strittigen Situationen verhinderte.
Der DFB und seine Schiedsrichter hielten dennoch an ihrer Entscheidung, den VAR weiterhin einzusetzen, fest. Die Suche nach den Fehlern begann und schnell wurde beschwichtigt, dass eine virtuelle Abseitslinie ja eh nicht geplant gewesen sei und es den Schiedsrichter in seiner Arbeit auch nicht einschränke, da ja genügend Kameraperspektiven zur Verfügung stehen um sich auf dem im Station platzierten Monitor die Szene nochmal an zusehen.
Sollte das der Fall sein, bleibt jedoch immer noch die Frage offen: Warum kommt es trotzdem immer wieder zu Fehlentscheidungen und Abseitstoren? Zuletzt passiert am 20. Spieltag der aktuellen Saison, beim Gastspiel des Hamburger SV in Leipzig. Als Gideon Jung den Ball für Kostic durch die Abwehrreihen der Leipziger steckt, steht Kostic sichtbar im Abseits. Eine Kommunikation mit dem VAR-Studio in Köln bleibt aus und Schiedsrichter Benjamin Cortus gibt den Treffer der Hamburger zum 1:1 Endstand.
Warum die Kommunikation in einer, durch die TV-Bilder klar zu erkennenden, strittigen Situation ausblieb wird wohl ein Geheimnis bleiben. Denn obwohl es angeblich möglich sei, so Hellmut Krug (ehem. Schiedsrichter-Manager) zu Anfang der Saison, die Situation über die vielen zu Verfügung stehenden Kameraperspektiven aufzulösen, kamen aus dem Studio keine geäußerten Zweifel am Treffen auf.
Auf Nachfrage in einem kurz nach dem besagten Spiel geführten Interview betonte Ansgar Schwenken, seit 2016 DFB-Vorstandsmitglied, dass keine schnelle Lösung in Sicht sei. „DFL und DFB werden, wie in den vergangenen Monaten immer wieder betont, erst auf die so genannte kalibrierte Linie zurückgreifen, wenn von FIFA und IFAB Versionen eines oder mehrerer Dienstleister zertifiziert wurden und zugelassen sind – ähnlich wie das vor Einführung der Torlinientechnologie der Fall war.“, so Schwenken. Nur mit einem auf die hundertstel Sekunde genau arbeitendem System sei eine hundertprozentig korrekte Entscheidung zu treffen und erst dann würden die höchsten Qualitätsansprüche des DFB erfüllt werden. Außerdem sei die Linie ja auch in keiner anderen Liga im Einsatz. Auf die Frage, wann die Abseitslinie denn einsatzbereit sei, gab es dann doch mal eine zeitliche Äußerung: „Im Verlauf dieser Testsaison eher nichtmehr“. Man sollte jedoch auch beachten, dass die Abseitslinie nie gefordert oder geplant gewesen si und der Videoassistent dazu da sei, um grobe und fahrlässige Entscheidungen zu korrigieren, sagte Schwenke zum Abschluss des Interviews.
Ein zu Unrecht gegebenes Tor, welches Spielentscheiden war, ist dann scheinbar keine grobe Fehlentscheidung… Hoffen wir nur, dass Leipzig die Punkte am Ende nicht fehlen oder dem HSV der eine Punkt im Abstiegskampf hilft, denn dann wäre die Debatte erneut entfacht: Macht der VAR den Fußball gerechter?